Kategorien
Persönlich

Nasenfaktor

Seit dem heutigen Morgen geht mir der Nasenfaktor nicht aus dem Sinn. Der Grund ist kein angenehmer – im Bus wurde ich gleich mehrfach durch die Beleidigung meines Geruchsnervs auf Menschen aufmerksam.

Was stinkt denn hier so?! Ich sehe mich um und mache eine ältere Dame als Quelle des unangenehmen Geruchs aus. Sie trägt eine “Uniform”, wie sie von Krankenschwestern kirchlicher Krankenhäuser getragen wird.

Oh! Eine Schwester.” Meine Entrüstung über die Geruchsbelästigung schmilzt wie Eis in der Sonne. Eine alte Frau, die wahrscheinlich gläubig und deren Beruf ist, anderen Menschen zu helfen – der kann ich nicht böse sein.

Ich denke darüber nach, ob Sie sich selbst riecht. Wahrscheinlich nicht. Die Dame ist sehr unsicher auf den Beinen und braucht einen Gehstock. “Wahrscheinlich ist Körperhygiene in Ihrer Verfassung eine echte Aufgabe.

Trotzdem bin ich froh, dass ich einen Fensterplatz habe und mir die Lüftung von oben Frischluft zuführt. “Wieso beeinflusst mich, dass sie gläubig zu sein scheint?” Keine Ahnung, das muss wohl an meiner Erziehung liegen, obwohl ich nicht getauft bin und keiner Konfession angehöre.

Wenige Minuten später: “Boah! Schon wieder!” Ein noch viel intensiverer, unangenehmerer Geruch fährt mir in die Nase und lässt mein Gesicht zur Faust werden. Noch kann ich nicht ausmachen, welche der zugestiegenen Personen Schuld an meinem Ekel ist.

Aus der Gruppe bewegt sich langsam ein alter Mann mit Rollator zu dem Bereich für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer. “Hut, Hemd, Pullover und Jacket! Really?!” Das kann doch nicht sein Ernst sein. Wer zieht sich denn bei zu erwartenden 27 Grad Celsius Außentemperatur so an?

Er sieht schmuddelig aus und riecht, als ob er vor dem Verrichten seiner Notdurft schon mal vergisst, die Hose herunter zu ziehen. “Aaah! Mach die Bilder im Kopf weg.” Es schüttelt mich. Wie ein Obdachloser sieht er aber irgendwie nicht aus, dafür hat er zu wenig Kram bei sich.

Der Mann ist an seinem “Parkplatz” angekommen, setzt sich auf seinen Rollator und sucht mit seiner Hand nach einem Platz an der Haltestange, wo er sich festhalten kann. Umstehende Frauen wechseln auffällig unauffällig ihre Position. “Gott bin ich froh, dass ich hier sitze.” Huch, da war er wieder.

Ich sehe dem Mann ins Gesicht, er wirkt freundlich und ist ziemlich mager. “Der kriegt das mit seinen Klamotten nicht mehr geregelt.” Wir müssen beide aussteigen. Während sich die Fahrgäste nach draußen schieben, fällt mein Blick auf das Ohr des alten Mannes. “In-Ears! Der alte Zappel. Wie geil ist das denn?!” Ich bin beeindruckt.

Ich rücke meine In-Ears zurecht. Wer weiß, wie es mir in dem Alter ergeht? Vielleicht ist der streng riechende Mann stets ein guter und hilfsbereiter Mensch gewesen, wie die Schwester. Jetzt bräuchten beide selbst Hilfe. Man sollte nicht zu viel auf den Nasenfaktor geben.

Von Sven

Hallo, ich bin Sven - in Berlin geborener Wahl-Leipziger, Vater und Nerd. Ich mag das Internet und die Möglichkeiten, die es bietet, Blogs, Podcasts und freue mich auf eure Rückmeldungen. Du findest mich auch auf Mastodon oder Twitter .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert